US-Immobilien
Der Tiefpunkt scheint erreicht
Zaghafte Hoffnung keimt auf: Dreht der US-Häusermarkt? Die Lichtblicke mehren sich. Doch eine wirkliche Wende ist erst 2011 in Sicht.
Von FOCUS-MONEY-Redakteur Christian Bieker
dpa
Marktbeobachter sehen erste Hoffnungszeichen Die Blase platzte vor zwei Jahren – und riss die Welt in den Abgrund. Finanzjongleure hatten die windigen Hypotheken zu Wertpapieren verpackt und rund um den Globus verteilt. Der US-Häusermarkt war der erste Dominostein, der alles ins Wanken brachte: die Banken, die Börsen, die Industrieproduktion, den Welthandel. Um 30 Prozent haben sich US-Immobilien seit Mitte 2006 im Schnitt verbilligt. Nun keimt erstmals Hoffnung: Die Schockwellen, die aus dem Epizentrum der Finanzkrise um den Globus jagen, schwächen sich offenbar ab. „Erstmals verlangsamt sich das Tempo des Preisverfalls“, meldete vergangene Woche die Rating-Agentur S&P, die den führenden Case-Shiller-Hauspreisindex ermittelt.
Verlangsamter Preisverfall
Zwar rutschten die Immobilienwerte nach den neuesten Zahlen auch im Februar gegenüber Januar ab – um 2,2 Prozent. „Aber zum ersten Mal seit Oktober 2007 markiert der Index gegenüber dem Vorjahr keinen Rekordverlust mehr“, erläuterte David Blitzer, Vorsitzender des Index-Ausschusses von S&P. Der Preiseinbruch hatte im Januar im Jahresvergleich noch 19 Prozent betragen – im Februar schwächte sich das Minus in den zwanzig wichtigsten Ballungsräumen auf 18,6 Prozent ab. „Wir brauchen aber einige Monate, um zu sehen, ob die Häuserpreise endgültig drehen“, sagte Blitzer.
Hauspreis-Entwicklung in US-Ballungsregionen (Februar 2009)
Ballungsraum | Veränderung Vorjahr in Prozent | Veränderung Vormonat in Prozent |
Phoenix | -35,2 | -1,6 |
Las Vegas | -31,7 | -3,6 |
San Francisco | -31,0 | -3,3 |
Miami | -29,5 | -3,0 |
Los Angeles | -24,1 | -2,0 |
Detroit | -23,6 | -3,8 |
Chicago | -17,6 | -3,4 |
New York | -10,2 | -1,6 |
Boston | -7,2 | -1,3 |
Dallas | -4,5 | -0,3 |
Stand: Mai 2009 | Quelle: S&P Case-Shiller | |
Die Nachricht vom gebremsten Fall ist nicht der einzige Hoffnungsschimmer. Nach Zahlen des US-Maklerverbands NAR zogen die Durchschnittspreise zuletzt sogar an. Von Februar auf März kletterte das Niveau landesweit um 4,2 Prozent. Auch die Zahl der verkauften Häuser und die der neu beantragten Hypotheken stieg. Der Rückstau an Objekten, die zum Verkauf stehen, ging im März dagegen um 1,6 Prozent auf 3,74 Millionen zurück, gegenüber März 2008 sogar um neun Prozent. Positiv entwickelte sich auch die Leerstandsrate.
„Die gefallenen Preise locken Erstkäufer“, meldete die „New York Times“. Mehr als die Hälfte der Neubesitzer greifen zum ersten Mal zu. Angesichts der Niedrigzinsen können sich immer mehr Mieter eine Immobilie leisten. Hinzu kommt der staatliche Steuerbonus in Höhe von 8000 Dollar. Seit Anfang der 90er-Jahre waren Häuser in den USA für Normalverdiener nicht mehr so erschwinglich.
„Der Kundenverkehr bei unseren Mitgliedern nimmt spürbar zu“, berichtet Lawrence Yun, Volkswirt der NAR. Die Organisation strahlt landesweit Radiospots aus, die ein Ende der Krise verkünden: „Was machst du denn da, Schatz?“, fragt eine Frau ihren Mann, der im Garten gräbt. „Ich suche den Boden.“ Als er mit dem Spaten den unterirdischen Schlauch der Sprinkleranlage durchschlägt, lacht die Frau höhnisch. Die Botschaft ist klar: Wer zu lange auf den Tiefpunkt wartet, steht bald im Regen.
Die Immobilienhändler versuchen, den Markt hochzureden – die wahre Lage bleibt aber brisant. Die jüngsten Erfolgsmeldungen sind ein Lebenszeichen, ein Klopfen im Keller – aber noch keine Wende. Der Abschwung verliert in Teilen des „Sun Belt“ an Fahrt, also in den Sonnenstaaten Kalifornien, Florida, Nevada und Arizona, die bisher am stärksten litten. Die drei Städte mit dem größten Preisverfall im Jahresvergleich liegen zwar weiter im Südwesten und Westen – Phoenix (-35 %), Las Vegas (-32 %) und San Francisco (-31 %).
>Das Tempo des Einbruchs schwächte sich aber im Februar ab. Viel heiße Luft ist hier schon entwichen. In Arizonas Wüstenmetropole Phoenix, der fünftgrößten Stadt der USA, halbierten sich die Preise seit Ende 2006. Ein Eigenheim kostet im Schnitt nur noch zwölf Prozent mehr als zu Beginn des Booms. „Die Häuserverkäufe bewegen sich vor allem in den am härtesten getroffenen Regionen nach oben“, beobachtet Mark Vitner, Ökonom der US-Bank Wachovia.
„Der Kundenverkehr bei unseren Mitgliedern nimmt spürbar zu“, berichtet Lawrence Yun, Volkswirt der NAR. Die Organisation strahlt landesweit Radiospots aus, die ein Ende der Krise verkünden: „Was machst du denn da, Schatz?“, fragt eine Frau ihren Mann, der im Garten gräbt. „Ich suche den Boden.“ Als er mit dem Spaten den unterirdischen Schlauch der Sprinkleranlage durchschlägt, lacht die Frau höhnisch. Die Botschaft ist klar: Wer zu lange auf den Tiefpunkt wartet, steht bald im Regen.
Klopfen im Keller
Die Immobilienhändler versuchen, den Markt hochzureden – die wahre Lage bleibt aber brisant. Die jüngsten Erfolgsmeldungen sind ein Lebenszeichen, ein Klopfen im Keller – aber noch keine Wende. Der Abschwung verliert in Teilen des „Sun Belt“ an Fahrt, also in den Sonnenstaaten Kalifornien, Florida, Nevada und Arizona, die bisher am stärksten litten. Die drei Städte mit dem größten Preisverfall im Jahresvergleich liegen zwar weiter im Südwesten und Westen – Phoenix (-35 %), Las Vegas (-32 %) und San Francisco (-31 %).
>Das Tempo des Einbruchs schwächte sich aber im Februar ab. Viel heiße Luft ist hier schon entwichen. In Arizonas Wüstenmetropole Phoenix, der fünftgrößten Stadt der USA, halbierten sich die Preise seit Ende 2006. Ein Eigenheim kostet im Schnitt nur noch zwölf Prozent mehr als zu Beginn des Booms. „Die Häuserverkäufe bewegen sich vor allem in den am härtesten getroffenen Regionen nach oben“, beobachtet Mark Vitner, Ökonom der US-Bank Wachovia.
Dafür frisst sich die Krise auf die andere Seite des Kontinents vor. Der Nordosten der USA galt lange als stabil. Im Februar zählten aber New York und Washington zu den vier Ballungsräumen, in denen sich der Preisverfall beschleunigte. Beide Städte hatten bisher am wenigsten gelitten – das Preisniveau liegt noch 70 Prozent über dem Jahr 2000. Doch seit viele Banker ihre Jobs an der Wall Street verlieren, steigt der Druck auch in diesem Landesteil: Während im März im Westen der USA im Jahresvergleich 22 Prozent mehr Häuser einen Käufer fanden, brach das Geschäft im Nordosten um 20 Prozent ein.
Fast die Hälfte der Objekte, die landesweit auf den Markt kommen, stammt aus Notverkäufen. Diese Flut drückt die Preise. Wann sich der Markt stabilisiert, hängt davon ab, wie viele Häuser noch unter den Hammer kommen. Die gute Nachricht: Die Zwangsvollstreckungennehmen seit Sommer 2008 ab, von 668 000 auf 630 000 Ende 2008. Die schlechte Nachricht: Die Zahlen sind durch ein Moratorium für Zwangsverkäufe der staatlichen Finanzierer Fannie Mae und Freddie Mac verzerrt. Der Aufschub, den auch Großbanken ihren Kunden gewährten, lief zum 1. April aus. Ein Gutteil der Stabilisierung am Häusermarkt sei „auf den Vollstreckungsstopp zurückzuführen“, warnt die Investmentbank Goldman Sachs.
Denn das Heer der Hausbesitzer, die ihre Schuld nicht mehr bedienen können, schwillt weiter an. Im Februar waren 3,2 Millionen Hypothekenzahler mindestens 60 Tage in Verzug – 13 Prozent mehr als Ende 2008. Früher verloren säumige Eigentümer schnell ihre vier Wände. Inzwischen vergehen Monate, weil Banken eine Umschuldung versuchen. Im März legte Präsident Barack Obama ein Programm in Höhe von 75 Milliarden Dollar auf, das die Hypotheken notleidender Hausbesitzer bezuschusst. Das Hilfspaket werde „die Kredite von Millionen Familien umfinanzieren, die mit ihren Darlehen unter Wasser oder kurz davor sind“, versprach Obama. Für rund acht Millionen Besitzer hat das Verfahren allerdings kaum Sinn, weil auf ihrem Haus höhere Schulden lasten, als es noch an Wert hat.
Die Hängepartie bis zum Notverkauf birgt aber Gefahren. „Es besteht das Risiko, dass einige Zwangsvollstreckungen nur aufgeschoben sind“, warnt Immobilienexperte Alec Phillips von Goldman Sachs. Beispiel Kalifornien: Die Zahl der nicht mehr bedienten Hypotheken erhöhte sich im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent, die Notverkäufe sanken aber um fast acht Prozent. Wenn kein Wunder passiert, wird diese aufgestaute Verkaufswelle den Markt im Sommer erreichen. Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat bereits einen neuen Vollstreckungsstopp erlassen, der Ende Mai für 90 Tage in Kraft tritt. „Wir bezweifeln, dass der Häusermarkt entscheidend dreht, bevor sich nicht die Arbeitslosenzahlen verbessern“, sagt Wachovia-Ökonom Vitner. Die Beschäftigung werde in den USA aber bis Mitte 2010 fallen. „Wir sehen keine echte Stärke auf dem Immobilienmarkt vor dem Jahr 2011.“
Warum sich Häuser in den USA überhaupt verteuern sollen, hinterfragt der Yale-Professor Robert Shiller in seinem 2008 erschienenen Buch „Subprime Solutions“. Shiller erfand den maßgeblichen S&P-Case-Shiller-Häuserindex. „Die jüngste Blase stützte maßgeblich den Glauben an den Mythos, dass Immobilienpreise steigen müssen, weil Bevölkerung und Wirtschaft wachsen und die Ressource Land beschränkt ist.“ Tatsächlich seien Häuser Gebrauchsgegenstände. Ihr Wert sinke wie der aller Produkte, die dem technischen Fortschritt unterliegen. Bautechnik und Materialien veralten. Und Zement, Glas oder Arbeitskraft seien fast unbeschränkt vorhanden – und damit der Nachschub an modernen Eigenheimen.
Shillers Erklärung für die wiederkehrenden Immobilienblasen ist bestechend: Im Boom verwechseln die Menschen das Haus mit dem Bauland, das sie für kostbar halten. So stieg der Anteil des Grundstücks am Häuserwert von früher 15 Prozent auf zuletzt 50 Prozent. Doch tatsächlich sei Land – bis auf einige City-Lagen – kein knappes Gut.
Städtische Flächen machen nur 2,6 Prozent der Vereinigten Staaten aus. Warum sollten deswegen Retortenheime in Suburbs oder in der Wüste Arizonas ihren Wert vervielfachen? „Da wir jeden Tag um uns herum Häuser sehen, ist die Ansteckungsgefahr in einer Blase groß, dass wir sie für die beste Geldanlage halten“, warnt Shiller.
source: focus
Fast die Hälfte der Objekte, die landesweit auf den Markt kommen, stammt aus Notverkäufen. Diese Flut drückt die Preise. Wann sich der Markt stabilisiert, hängt davon ab, wie viele Häuser noch unter den Hammer kommen. Die gute Nachricht: Die Zwangsvollstreckungennehmen seit Sommer 2008 ab, von 668 000 auf 630 000 Ende 2008. Die schlechte Nachricht: Die Zahlen sind durch ein Moratorium für Zwangsverkäufe der staatlichen Finanzierer Fannie Mae und Freddie Mac verzerrt. Der Aufschub, den auch Großbanken ihren Kunden gewährten, lief zum 1. April aus. Ein Gutteil der Stabilisierung am Häusermarkt sei „auf den Vollstreckungsstopp zurückzuführen“, warnt die Investmentbank Goldman Sachs.
Denn das Heer der Hausbesitzer, die ihre Schuld nicht mehr bedienen können, schwillt weiter an. Im Februar waren 3,2 Millionen Hypothekenzahler mindestens 60 Tage in Verzug – 13 Prozent mehr als Ende 2008. Früher verloren säumige Eigentümer schnell ihre vier Wände. Inzwischen vergehen Monate, weil Banken eine Umschuldung versuchen. Im März legte Präsident Barack Obama ein Programm in Höhe von 75 Milliarden Dollar auf, das die Hypotheken notleidender Hausbesitzer bezuschusst. Das Hilfspaket werde „die Kredite von Millionen Familien umfinanzieren, die mit ihren Darlehen unter Wasser oder kurz davor sind“, versprach Obama. Für rund acht Millionen Besitzer hat das Verfahren allerdings kaum Sinn, weil auf ihrem Haus höhere Schulden lasten, als es noch an Wert hat.
Wende am Arbeitsmarkt
Die Hängepartie bis zum Notverkauf birgt aber Gefahren. „Es besteht das Risiko, dass einige Zwangsvollstreckungen nur aufgeschoben sind“, warnt Immobilienexperte Alec Phillips von Goldman Sachs. Beispiel Kalifornien: Die Zahl der nicht mehr bedienten Hypotheken erhöhte sich im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent, die Notverkäufe sanken aber um fast acht Prozent. Wenn kein Wunder passiert, wird diese aufgestaute Verkaufswelle den Markt im Sommer erreichen. Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat bereits einen neuen Vollstreckungsstopp erlassen, der Ende Mai für 90 Tage in Kraft tritt. „Wir bezweifeln, dass der Häusermarkt entscheidend dreht, bevor sich nicht die Arbeitslosenzahlen verbessern“, sagt Wachovia-Ökonom Vitner. Die Beschäftigung werde in den USA aber bis Mitte 2010 fallen. „Wir sehen keine echte Stärke auf dem Immobilienmarkt vor dem Jahr 2011.“
Mythos Immobilie
Warum sich Häuser in den USA überhaupt verteuern sollen, hinterfragt der Yale-Professor Robert Shiller in seinem 2008 erschienenen Buch „Subprime Solutions“. Shiller erfand den maßgeblichen S&P-Case-Shiller-Häuserindex. „Die jüngste Blase stützte maßgeblich den Glauben an den Mythos, dass Immobilienpreise steigen müssen, weil Bevölkerung und Wirtschaft wachsen und die Ressource Land beschränkt ist.“ Tatsächlich seien Häuser Gebrauchsgegenstände. Ihr Wert sinke wie der aller Produkte, die dem technischen Fortschritt unterliegen. Bautechnik und Materialien veralten. Und Zement, Glas oder Arbeitskraft seien fast unbeschränkt vorhanden – und damit der Nachschub an modernen Eigenheimen.
Shillers Erklärung für die wiederkehrenden Immobilienblasen ist bestechend: Im Boom verwechseln die Menschen das Haus mit dem Bauland, das sie für kostbar halten. So stieg der Anteil des Grundstücks am Häuserwert von früher 15 Prozent auf zuletzt 50 Prozent. Doch tatsächlich sei Land – bis auf einige City-Lagen – kein knappes Gut.
Städtische Flächen machen nur 2,6 Prozent der Vereinigten Staaten aus. Warum sollten deswegen Retortenheime in Suburbs oder in der Wüste Arizonas ihren Wert vervielfachen? „Da wir jeden Tag um uns herum Häuser sehen, ist die Ansteckungsgefahr in einer Blase groß, dass wir sie für die beste Geldanlage halten“, warnt Shiller.
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