Neuer Luxusliner
Rückwärts in die Weltmeere
Das größte je in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff hat die Werft in Papenburg verlassen: Die „Celebrity Solstice“ steuert über die Ems in die Nordsee.
Engstelle in der Ems: Zentimetergenaues Rangieren ist gefragt
Eigene Sprache fürs Rückwärtsfahren
Rückwärts ist einfacher“, sagt Werftkapitän Thomas Teitge über die schwierige Aufgabe, den Koloss aus der Schiffsschmiede und durch den schmalen Fluss zu manövrieren. Er verfüge über ein weltweit einzigartiges System, das schon kleinste Abweichungen von der Fahrtroute registriere. Für die Manöver beim Rückwärtsfahren habe man sich zudem eine eigene Sprache ausgedacht. Mit Backbord und Steuerbord sei es doch zu Verwirrungen gekommen. Auch Bug und Heck seien umbenannt. Das größte Kreuzfahrtschiff zu steuern, sei kein Problem. „Von der Fahrtechnik her ist es gleich. Man muss die Kurven etwas anders anfahren“, sagt der Kapitän von der Lotsenbrüderschaft Emden vor seiner 20. Fahrt mit Kreuzfahrtschiffen über die Ems.
Umweltschützer gegen Aufstauen der Ems
Die Begeisterung der vielen Zuschauer an der Werft und den Ufern entlang des Flusses teilen jedoch nicht alle Menschen. Am Vortag demonstrierten im nahen Leer rund 200 Gegner gegen die Probleme am Fluss. Umweltschützer kritisieren, dass an der Ems längst keine Ausgewogenheit mehr zwischen Wirtschaftsinteressen und Umweltschutz herrscht. Die größte Schuld trage die Meyer Werft, die endlich an der Küste produzieren müsse. Vorwürfe, die Werftchef Bernhard Meyer zurückweist. Mitte der 90er Jahre seien Absprachen mit der damaligen Landesregierung über die Tiefe der Ems und die Möglichkeit des Aufstauens des Flusses über das ganze Jahr getroffen worden. „Das war Basis unserer Investitionen“, sagt der Chef des Traditionsunternehmens mit mehr als 2500 Mitarbeitern. Forderungen nach einem Umzug aus dem Binnenland an die Küste erteilt er eine klare Absage. „Das geht wirtschaftlich gar nicht nach Emden zu gehen.“
Kritische Sauerstoffwerte
Für die Überführung der riesigen „Celebrity Solstice“, die die US-Reederei Celebrity Cruises in Auftrag gegeben hat, nutzt die Werft einen Probestau des Flusses . Nach Aussagen einer Sprecherin der zuständigen Behörde muss die Ems um einen Meter angehoben und rund 20 Millionen Kubikmeter Wasser zugepumpt werden. Das geschlossene Emssperrwerk bei Emden ist Voraussetzung für die Fahrt über den Fluss in die Nordsee. Während des Aufstauens wird bei Messungen der Sauerstoffgehalt des Flusses festgehalten. Die Stiftung WWF sprach von „katastrophalen Sauerstoffwerten“. „Der Fluss ist auf einer Strecke von über 30 Kilometern praktisch tot“, sagt Beatrice Claus vom WWF.
Platz für fast 2900 Passagiere
Bei der „Celebrity Solstice“ ist Werftchef Meyer indes stolz auf etliche Innovationen im Schiffsbau. „Es ist das ökologisch interessanteste Schiff, das es derzeit gibt.“ Auch die neuen Eigner sind begeistert von dem schwimmenden Hotel. Eine Vielzahl von Restaurants, ein Kasino, Nachtclub, ein Theater für rund 1000 Menschen und Echtrasen auf dem Oberdeck zum Golfen bietet der Luxusliner. In 1430 Kabinen ist Platz für 2852 Passagiere.
Nächstes Frühjahr in Europa
Während das „Sonnenwende“ getaufte Schiff erst Kurs auf die Nordsee und anschließend auf die Weltmeere nimmt, laufen an Bord die Ausbauarbeiten noch auf vollen Touren. Lackierer erledigen Restarbeiten, Teppichböden sind mit Folien abgedeckt und auch der Rasen wird noch ausgebessert. Am Dienstag wird das Schiff nach einigen Tests im niederländischen Eemshaven erwartet. Nach Kreuzfahrten in der Karibik soll es ab Frühjahr 2009 auch in Europa eingesetzt werden.
Vier Riesenschiffe folgen
Das Schiff ist das erste einer Serie von fünf Luxuslinern, die die Meyer Werft für die US-amerikanische Kreuzfahrtreederei Celebrity Cruises fertigen soll. Der zweite, die „Celebrity Equinox“, ist bereits im Bau. Die Schwesterschiffe sollen bis 2012 im Abstand eines Jahres ausgeliefert werden.
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