Mittwoch, 8. Oktober 2008

ZWEITES TV-DUELL : McCain und Obama streiten über Finanzkrise und Außenpolitik

ZWEITES TV-DUELL

McCain und Obama streiten über Finanzkrise und Außenpolitik

Hart aber fair: John McCain und Barack Obama haben sich in ihrem zweiten TV-Duell einen lebhaften Schlagabtausch geliefert - vor allem in der Steuer- und Außenpolitik. Aggressive Attacken blieben jedoch aus. Lesen Sie die Höhepunkte der Debatte im Liveticker von SPIEGEL ONLINE nach.

Nashville/Berlin - Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Denver im US-Bundesstaat Colorado fragte ein Wähler John McCain jüngst, wann er endlich ernst mache und seinen Rivalen Barack Obama richtig attackieren werde. McCain, so ist auf der Website des US-Senders CNN zu lesen, antwortete knapp: "Wie wäre es Dienstagabend?"

Obama, McCain: Streit über Finanzkrise und Außenpolitik
AP

Obama, McCain: Streit über Finanzkrise und Außenpolitik

Dienstagabend Ortszeit, Nashville, Tennessee: Auf dem Campus der Belmont University steht das zweite Fernsehduell der beiden Präsidentschaftskandidaten an. Und vor allem für John McCain geht es möglicherweise schon um alles. Nachdem sich sein Konkurrent von den Demokraten zuletzt in allen Umfragen landesweit und auch in den entscheidenden Bundesstaaten im Aufwind befand, muss McCain in der Debatte unbedingt punkten, um das Rennen ums Weiße Haus offen zu halten.

Tatsächlich war der Ton zwischen den beiden Kontrahenten schon in den vergangenen Tagen schärfer geworden. Es könnte also auch in der TV-Debatte deutlich aggressiver zur Sache gehen, als noch beim ersten Aufeinandertreffen vor zwei Wochen. Das intime "Townhall"-Format, eine Art Bürgersprechstunde, bei der die Kandidaten Fragen von 80 sorgfältig selektierten unentschlossenen Wählern beantworten, liegt McCain eher als Obama. Kann er diesen Vorteil nutzen?

Verfolgen Sie das zweite TV-Duell im Liveticker auf SPIEGEL ONLINE.

+++ Countdown auf dem Belmont-Campus +++

[2.50 Uhr MEZ] Noch zehn Minuten. Der rote Teppich auf der kleinen Bühne des "Curb Event Center" ist fusselfrei gesaugt. Zwei Stühle mit grauer Polsterlehne und kleine Tische stehen für Obama und McCain bereit. Die beiden dürfen aber auch aufstehen und mit dem Mikro in der Hand herumlaufen - allerdings nur in einem vorgegebenen Bereich. Der erfahrene NBC-Moderator Tom Brokaw wird die Streithähne an seinem Pult erwarten. Aber werden sie wirklich streiten? Die "New York Times" spricht von der "Battle of Nashville".

+++ Höfliche Begrüßung +++

[3.03 Uhr] Die Protagonisten kommen auf die Bühne, McCain mit rot-weißer Krawatte, Obama mit hellblauer. Höflicher Applaus. Die Kontrahenten schütteln sich die Hände, klopfen sich mit der jeweils linken Hand auf den Oberarm ihres Gegenübers. Tom Brokaw kündigt "exzellente Fragen" der Zuschauer an.

+++ Es sofort ans Eingemachte: die Finanz- und Wirtschaftskrise +++

[3.06 Uhr] Erste Frage zum Zustand der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten: Wie sieht die beste Lösung aus, um den einfachen Menschen in diesen Zeiten zu helfen? Obama muss als Erster ran. "Wir befinden uns in der schlimmsten Krise seit der Großen Depression", konstatiert der Senator aus Illinois. Man erlebe nun das "finale Urteil" über acht Jahre verfehlter Politik von George Bush und McCain. Es müsse sichergestellt werden, dass das Rettungspaket funktioniert. Die Mittelklasse solle von Steuererleichterungen profitieren. John McCain fordert eine drastische Ausgabensenkung in Washington. Wer könnte Finanzminister werden? Warren Buffet, sagen Obama und McCain, wäre eine gute Lösung. McCain scherzt an die Adresse des Moderators: "Sie nicht, Tom."

+++ Immer auf den Beinen +++

[3.12 Uhr] Die Stühle werden nur zum kurzen Ausruhen genutzt, wenn der Rivale an der Reihe ist. Ansonsten laufen Obama und McCain munter über die Bühne, schauen den Fragestellern und anderen Zuschauern in die Augen.

+++ Schlagabtausch +++

[3.20 Uhr] Ein junger Mann namens Oliver Clark möchte wissen, was McCain und Obama denn nun vorhaben, um den Menschen zu helfen. McCain attackiert Obama: Er habe Spenden von den Hypothekenbanken Fannnie Mae und Freddie Mac erhalten - die McCain als die Auslöser der Finanzkrise sieht. Obama schlägt zurück: Das Problem sei die Deregulierung der Märkte - und McCain habe sich noch im März für Deregulierung ausgesprochen.

+++ Kann ich Ihnen vertrauen, wenn es um unser Geld geht? +++

[3.25 Uhr] Wieder bringt Obama McCain mit der Bush-Administration in Verbindung - eine Strategie, die er schon in der ersten Debatte verfolgte. McCain habe für den Haushalt von George Bush gestimmt. Das sagt wohl alles, impliziert die Aussage. McCain kontert, er sei ein Reformer - klingt wie eine Abwandlung seines beliebten "Maverick"-Motivs. Vielleicht hat Sarah Palin das Wort bei der Vize-Debatte überstrapaziert? Obama plane viele zusätzliche ausgaben, behauptet McCain: Er wollte sogar Zuschüsse für einen neuen Overhead-Projektor im Planetarium von Chicago!

+++ Tom Brokaw mahnt: Bitte die Regeln einhalten +++

[3.32 Uhr] "Meine Herren, wenn Sie mit der Zeit so weiter machen, ist unser Defizit größer als im Bundeshaushalt", scherzt der Moderator. Die Kandidaten sind noch immer viel im Studio unterwegs, Obama allerdings bleibt meist stehen, wenn er spricht, McCain wandert ständig umher. Er steht auch oft schon neben seinem Stuhl, wenn Obama noch redet. Die Ampeln, die ihnen das Ende der Redezeiten signalisieren, haben beide nicht im Blick.

+++ Opfer für den amerikanischen Traum +++

[3.35 Uhr] Brokaw verliest erstmals eine Frage, die ihn per E-Mail erreichte - eine von Millionen: "Welche Opfer müssen die Menschen erbringen, um den amerikanischen Traum wiederzubeleben?" McCain schlägt eine allgemeinen Ausgabenstopp vor - ein paar Verteidigungsausnahmen ausgenommen. Das findet Obama nicht angemessen: "Er will den Haushalt mit der Axt kürzen, ich würde das Skalpell benutzen", sagt Obama.

+++ Steuern rauf, Steuern runter? +++

[3.40 Uhr] Immer wieder kommt McCains Warnung: Obama will die Steuern erhöhen. Der Rivale grinst nur auf seinem Platz, während McCain Bedrohungsszenarien entwirft: Pleiten, Jobabbau. Obamas Vorschläge seien so schlecht festzuhalten, wie ein Pudding, den man die Wand nageln wolle. "Ich will für 95 Prozent der Bürger die Steuern senken", erwidert Obama.

+++ Soll eine Krankenversicherung neue Haare bezahlen? +++

[4.00 Uhr] Als es um das Gesundheitssystem geht, macht McCain einen Witz über Haartransplantationen. Dafür solle eine Krankenversicherung nicht zahlen. "Könnte sein, dass ich bald eine brauche", sagt McCain. Niemand lacht.

+++ McCain weiß, wie Bin Laden zu fassen ist +++

[4.10 Uhr] Es werden die bekannten Argumente ausgetauscht: McCain hält Obama seine außenpolitische Unerfahrenheit vor, Obama McCain falsche Einschätzungen im Irak- und Afghanistan-Krieg. "Senator Obama will also Pakistan angreifen", erklärt McCain - obwohl nicht davon gesprochen hat. Obama macht lediglich klar, dass man den Kampf gegen Taliban nicht der pakistanischen Regierung überlassen könne, wenn diese nicht damit fertig würde. Als Obama sich wehrt, wiederholt McCain seine Behauptung einfach. "Ich weiß, wie man Osama bin Laden kriegt", sagt er auch. "Aber ich laufe nicht mit dem Lautsprecher rum, und sage, wie ich das machen werde." Ach nein?, denkt sich Obama und erinnert an McCains Gesangseinlage: "Bomb, bomb, bomb, bomb, bomb Iran." In der Entschlossenheit steht Obama seinem Rivalen nicht nach: "Wir werden Osama Bin Laden töten, wir werden al-Qaida zerschlagen."

+++ Was wären wenn - Iran die Bombe hat und Israel bedroht +++

[4.26 Uhr] Die Frage kommt von einem Marine-Veteran - was John McCain erfreut. Er dankt ihm für seinen Dienst für das Vaterland. Obama tappt nicht in die Falle, verneigt sich ebenfalls vor dem Fragesteller. "Niemals dürfen wir einen zweiten Holocaust zulassen", stellt McCain klar. Obama schließt einen Militärschlag gegen Iran im Notfall nicht aus - aber er verteidigt auch sein Angebot zum Dialog.

+++ Letzte Frage: Was wissen Sie nicht - und wie wollen Sie das ändern?+++

[4.28 Uhr] Wenig überraschend haben beide keine rechte Antwort darauf. Weil Obama über seine Herkunft aus bescheidenen Verhältnissen spricht, zieht McCain einfach mit ein paar persönlichen Sätzen nach. Für den Abschluss eine ziemlich abstrakte Frage, so dass die Kandidaten keine wirkliche Chance für einen markanten Satz zum Abschluss haben, der am Ende hängenbleibt.

+++ Brokaw trennt die beiden beim Abschied +++

[4.34 Uhr] Und Schluss. Mitten im Handshake trennt Moderator Brokaw die beiden Kontrahenten - weil sie ihm den Blick auf den Teleprompter versperren. Obamas Ehefrau Michelle und McCains Gattin Cindy kommen auf die Bühne, die Präsidentschaftsbewerber suchen noch den Kontakt mit den Zuhörern im Saal, posieren für Fotos. es scheint, als ob John McCain deutlich früher den Raum verlässt, während Obama noch immer mit den Leuten spricht.

+++ Keine Patzer, keine Punches +++

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