Sonntag, 28. Dezember 2008

Huntington Beach: - Englischkurs mal anders -Los Angeles

Englischkurs mal anders

Wohnen und Lernen beim Lehrer, Foto Bäucker
  • Foto: srt
Eigentlich wollte AZ-Mitarbeiter Lutz Bäucker nur sein Englisch ein bisschen auffrischen. Und so landete er bei Jerry in Kalifornien - mitten im amerikanischen Alltag

Huntington Beach - "I can't speak any German!" Jerry lässt keinen Zweifel daran aufkommen, was mich in den kommenden 14 Tagen erwarten wird: Englisch zum Frühstück, Englisch zum Lunch, Englisch beim Fernsehen in Jerrys Einfamilienhaus in der Main Street von Huntington Beach südlich von Los Angeles. Ich habe mich zu einem Zweiwochen-Aufenthalt bei dem pensionierten Designer entschlossen: Das Programm verhieß ein individuell abgestimmtes Unterrichtsprogramm, Leben im Alltag, genug Freizeit und ein eigenes Badezimmer unterm Dach. Das alles klang wie maßgeschneidert für einen "Best-ager", der keine Lust mehr hat auf Lernen wie in der Schule und nebenher auch noch seinen Urlaub genießen will.

20 Stunden sind genug

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Schnell stellt sich heraus: 20 Stunden Privatunterricht pro Woche sind genug, um von Jerry jede Menge neuer Wörter, Grammatiktipps und Aussprachehinweise zu bekommen. Und genug, um mich am berühmten Surferstrand von Huntington Beach unter die Sonne Kaliforniens legen zu können, Ausflüge nach Hollywood, Disneyland oder San Diego zu machen, durch eine der riesigen Malls zu streifen und mit meinem Lehrer etwas zu unternehmen.

Bald kommen wir ins Diskutieren über Obama und die Finanzkrise

Der 64-Jährige macht zuerst einen Sprachtest mit mir - "not too bad!" heißt das Mut machende Ergebnis. Dann legen wir fest: Der "Orange Observer" (die regionale Zeitung) wird unsere Grundlage. Ich muss die Artikel laut vorlesen - Jerry korrigiert mild, aber bestimmt. Dann lasse ich mir unbekannte Wörter und Redewendungen erklären - Jerry zeigt große Geduld. Seine Aussprache ist übrigens völlig unamerikanisch klar und deutlich. Bald kommen wir ins Diskutieren über Obama und McCain, die Finanzkrise. Weltpolitik, Schießereien in der Nachbarschaft - wir lassen kein Thema aus. Und steigern uns von Tag zu Tag. Besonders eifrig ist mein Lehrer beim Bemühen, mir so merkwürdige Sportarten wie American Football oder Baseball zu erklären. Als Dank versuche ich den Kalifornier für Soccer und die Bundesliga zu erwärmen.

Nach dem Unterricht geht's an den Strand

Jeden Tag vier Stunden stehen auf meinem Plan - manchmal reden wir uns derart die Köpfe heiß, dass sechs draus werden. Oder wir haben angesichts des strahlend schönen Wetters keine Lust auf Vokabeln und Aussprache. Dann geht Jerry zum Golfen und ich zum Baden im knapp 20 Grad warmen Pazifik. Unterm Strich ist das kein Nachteil: Beim gemeinsamen Fernsehabend mit Jerrys Frau Cindy und Granma Doris erfüllen wir unser Pensum auch dann mühelos. Schon nach wenigen Tagen stelle ich fest: Ich traue mich, mit meinen Lehrern selbstbewusst über alle Themen zu parlieren. Ich kann bald mühelos Larry Kings Talkshow auf CNN folgen, lache über die Pannen der Erwachsenen beim TV-Hit "Smarter than a fifth grader", fiebere mit bei "Deal or no deal" und verstehe auch bald die rhetorischen Feinheiten der Herren Politiker.

Sprachkurs mitten im US-Alltag

Kein starrer Stundenplan, die Auseinandersetzung mit dem US-Alltag und Jerrys lockere, aber zielgerichtete Art machen das Lernen leicht. Vor allem auch deshalb, weil mich mein Lehrer in sein Leben mit einbindet. Wir kochen zusammen, basteln am Auto, kaufen ein. Einmal gehen wir mit Granma in die Sozialstation von Huntington Beach zum Mittagessen. Da sitze ich dann plötzlich mit acht Senioren am Tisch und muss über mitteleuropäische Cafés, Kanzlerin Angela Merkel und das deutsche Rentensystem berichten. Oder Jerry schippert mich mit dem Elektroboot durch die millionärsschwangere Marina von Newport, wo dicke Seelöwen auf teuren Terrassen in der Sonne dösen. Ein andermal komme ich mit Randolph ins Gespräch - der Friseur von den Philippinen erzählte von den Problemen der Einwanderer, ich schocke ihn mit den Preisen in deutschen Großstadtsalons.

Mein Englisch wird besser und besser. "You are even more comfortable with your English!" analysierte Jerry ganz treffend. Nur Großmutter Doris muss mich immer wieder korrigieren: "Don't say that 'Ja!' that's german, not english!" Wohl wahr: An meinem "Ja!" erkennen mich die Amis immer wieder, "das ist typisch deutsch!" Naja, besser als preußische Uniformen oder humorlose Perfektion, isn't it?

Service Englischkurs

Sprachkurse mal anders: das Programm "Wohnen und lernen beim Lehrer" wird von diversen Sprachreiseveranstaltern für alle gängigen Sprachen angeboten. 14 Tage Einzelunterricht, Vollpension und Unterkunft in Huntington kosten bei Studiosus Reisen München ab 1770 Euro ohne Anreise.

source abendzeitung

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