Mittwoch, 10. Dezember 2008

WEB-STATISTIK 2008 Was die Welt wirklich sucht

WEB-STATISTIK 2008

Was die Welt wirklich sucht

Britney Spears, Pamela Anderson, Paris Hilton - ist es das, was die Welt im Internet finden will? Weit gefehlt: Die Suchmaschinen-Statistiken 2008 offenbaren Erstaunliches über das Surfverhalten der Netz-Nutzer.

Eigentlich sollte man meinen, es sei Jacke wie Hose, wessen Suchstatistiken man sich ansieht. So unterschiedlich die Ergebnisse sein mögen, die eine Suchmaschine liefert, alle erfüllen doch den gleichen Zweck: Man nutzt sie, um im Web Dinge zu finden.

Und wenn das Millionen Menschen mit Milliarden von Suchanfragen tun, dürfte man eigentlich so etwas wie eine gemeinsame Schnittmenge erwarten. Die aber, zeigt der Blick in die Jahresstatistiken von Google, Yahoo und MSN Search, fällt kleiner aus als erwartet.

Netz-Statistik: Warum sucht jemand bei Google nach Google?
Corbis

Netz-Statistik: Warum sucht jemand bei Google nach Google?

Was an drei Dingen liegen mag:

  1. Jeder der Anbieter schönt seine Statistiken kräftig, eliminiert alles, was irgendwie anrüchig oder pornografisch ist oder scheint.
  2. Darüber hinaus bündelt und filtert er seine Statistiken nach Kategorien und Sachgebieten, um der Sache mehr Pep zu geben: Da findet man dann die Top Ten der beliebtesten Sportler, Models, Kochrezepte, TV-Serien oder Tippfehler säuberlich aufgedröselt.
  3. Die populärsten Suchworte einer Suchmaschine offenbaren auch, wie und wofür sie genutzt wird.

Nur auf den ersten Blick langweilig fällt dabei die Statistik der absoluten Top Ten aus. Barack Obama sucht man dort vergeblich, Paris Hilton zum Glück auch, Atomphysik sowieso. Besonders häufig gesucht werden ganz profane Dinge, bei denen man größtenteils gar nicht so recht weiß, wofür man da überhaupt eine Suchmaschine braucht:

Ein Telefonbuch braucht also offenbar jeder Nutzer - egal ob er bei Google unterwegs ist, bei Yahoo oder sogar bei MSN.

Fast alle hier zusammengetragenen Begriffe beziehen sich entweder auf die Suche nach populären großen Webseiten, von denen man eigentlich erwartet, dass man deren Adressen kennt und sie folglich nicht suchen müsste, oder aber auf konkrete Dinge, von denen man erwartet, dass man sich, wenn man einmal eine ergiebige Quelle gefunden hat, ein Bookmark darauf legt.

Platter gesagt: Hallo? Warum sucht jemand bei Google nach YouTube? Oder sogar nach Google?

Die Antwort ist einfach: Solche Begriffe landen dort gar nicht über Suchanfragen. Sie landen dort aus zwei verschiedenen, aber eng miteinander verbundenen Gründen.

Grund Nummer eins: Es gibt eine Unmenge Internet-Nutzer, die das Suchfeld einer guten Suchmaschine als Ersatz für die Adresseingabe des Browsers nutzen. Noch besser: Eine Unzahl von Nutzern hält zum Beispiel das Suchfeld von Google für das Adressfeld des Internet (gemeint ist dann der Browser). Solche Nutzer schreiben dann auch nicht "Wikipedia" in die Suchmaske, denn sie wissen ja, wo die zu finden ist: Sie tippen "www.wikipedia.de" ins Suchfeld - und landen dort, wo sie hinwollten. Wer so surft, nutzt natürlich auch selten Bookmark-Funktionen.

Zu dieser Statistik tragen aber nicht nur die viel und zu Unrecht gescholtenen "Daus" (Nerd-Spott für "Dümmster anzunehmender User") bei. Denn natürlich ist es völlig legitim, so "ungebildet" mit einem Medium umzugehen: Wenn es funktioniert, ist es auch okay. Für das Zeitungslesen oder Fernsehen wird schließlich auch kein Blätter- oder Umschalt-Diplom erwartet.

Denn hier kommt Grund Nummer zwei für die seltsame Statistik: die wachsende Intelligenz der Browser. Auch die Nerds, die versiertesten der Internetnutzer, tragen genau zu diesem vermeintlichen Dau-Effekt der Suchstatistik bei: weil sie die fortgeschrittenen Features ihrer Browser nutzen.

Anstelle vollständiger Web-Adressen tragen sie einfach die Namen großer Seiten ins Browser-Adressfeld ein. Das sieht souverän aus, spart Zeit und funktioniert großartig. Wer etwa im Firefox-Browser einfach "GMX" in die Adresszeile eingibt statt "www.gmx.de", landet genau dort, wo er hin will. Bei GMX und analog bei Ebay, YouTube, Wikipedia oder Google (siehe Google-Suchstatistik). Firefox holt sich das entweder aus den Bookmarks - oder fragt solche Eingaben bei Google oder einer anderen Suchmaschine ab. Das dürfte die Erklärung dafür sein, warum scheinbar unzählige Leute bei Google nach Google suchen.

Jenseits aller Erklärungen bleibt, warum etwa bei Yahoo mehr Menschen nach Dynamo Dresden (3. Bundesliga) suchen als nach Hoffenheim (aktuell an der Spitze der 1. Liga) und sogar fast so viele wie nach dem 1. FC Köln (immerhin gefühlte Champions-League).

SPIEGEL ONLINE dokumentiert die Highlights solch vertiefender Erkenntnisse über die Suchgewohnheiten und -marotten von Otto Normalsurfer:

Top-Suchbegriffe bei Google 2008

Top-Suchbegriffe bei Yahoo 2008

Top-Suchbegriffe bei MSN Search 2008

Der andere Blickwinkel - Spezialisierte Suche und Surf-Beobachtung

Man kann sich den Nutzervorlieben auch anders nähern. Suchmaschinen sind eigentlich eher Web-Scouts, die Orientierung im Web geben - das zeigen ihre eigenen Statistiken. Über Google und Co. sucht die Masse nicht etwa nach Füllung für Wissenslücken, sondern nach Nachrichten über Bekanntes, Quellen für gerade Benötigtes oder nach Adressen.

Völlig anders sieht das aus, wenn man sich die Statistik eines spezialisierten Suchdienstes anschaut. SPIEGEL WISSEN etwa, ein Gemeinschaftsprojekt mit verschiedenen Lexikonanbietern und Datenbankbetreibern, wird vornehmlich für die Suche nach Hintergrundinformationen genutzt. Dort orientiert sich der Bedarf an vertiefenden Informationen stark an aktuellen Ereignissen. Hier die Top-Ten-Suchanfragen der letzten Woche:

  1. bundesadler
  2. killing joke
  3. riester- rente
  4. thailand
  5. "big four" banken
  6. beschneidung
  7. "big five" orchester
  8. big three
  9. deutschlandlied
  10. eichenlaub

Mit den Statistiken der Suchmaschinen hat das nichts mehr zu tun. Aber es entspricht auch nicht dem, was Menschen im allgemeinen im Internet suchen. Das könnte man auch erfassen, indem man sich ansieht, wohin sie sich bewegen und was sie wirklich nutzen. Das versucht das US-Unternehmen Alexa mit seinen globalen Nutzungscharts. Für Deutschland meldet Alexa folgende Top-Ten-Web-Destinationen:

  1. Google.de
  2. Google.com
  3. YouTube
  4. Ebay
  5. Wikipedia
  6. Yahoo
  7. Amazon
  8. GMX
  9. StudiVZ
  10. Windows Live

Eine plausible Statistik, auch wenn sie nicht ganz unumstritten ist: Sie weicht zum Teil deutlich ab von den Ergebnissen, die standardisierte Log-Zählungsverfahren erbringen.


source spiegel


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