Samstag, 7. Februar 2009

Codesharing LH buchen, XY fliegen

Wenn zwei Airlines sich einen Flug teilen, nennt man das Codesharing. Unterschiede gibt es nicht in der Sicherheit, allenfalls im Service – zumindest theoretisch.
Von FOCUS-Online-Redakteurin Tinga Horny
Bei Flugallianzen hat man das Problem: Mit welcher Airline fliegt man eigentlich?
Seit dem Spanair-Unglück am 20. August 2008 sind Airline-Kooperationen ins Gerede gekommen. Denn Flug JK-5022 Madrid – Gran Canaria war auch ein Code-Share-Flug der Lufthansa. Zwar steht die deutsche Fluglinie noch nicht am Pranger, aber nicht wenige fragen sich: Was ist eigentlich, wenn ich Lufthansa gebucht und bezahlt habe, aber dann mit einer völlig anderen Fluggesellschaft befördert werde?

Nicht viel. „Code-Share-Flüge sind heute so selbstverständlich geworden, dass sich keiner mehr darüber Gedanken macht, welche rechtlichen und moralischen Verpflichtungen sich daraus ergeben. Das wird verdrängt“, erklärt Ronald Schmid, der nicht nur Professor für Reise- und Luftverkehrsrecht ist. Seit vielen Jahren beobachtet er das Gebaren der Airlines – nicht nur aus Juristensicht, sondern auch als kritischer Verbraucher.

Bündnisse zwischen ungleichen Airlines

Zwar geben alle Airline-Pressestellen pflichtgemäß zu Protokoll, dass bei Code-Share-Flügen peinlich auf die gleichen Sicherheitsstandards und vergleichbare Produkte geachtet wird. Faktisch fragt sich aber auch der Laie, was eine Lufthansa beispielsweise mit einem Star-Alliance-Partner wie Turkish Airlines gemein hat? Die türkische Fluggesellschaft mag zwar alle geforderten Mindestsicherheitsstandards erfüllen, aber sie hat eindeutig einen schlechteren Flugunfallrekord als der deutsche Carrier.

Und in Sachen Service scheint es sich auch nicht immer um gleichwertige Flugunternehmen zu handeln. Wie sonst könnte die British Airways beispielsweise Flug BA4780 von Frankfurt nach Manchester anbieten, aber vom Billigflieger Flybe ausführen lassen?

Airlines nutzen Code-Share-Flüge und vor allem Flugallianzen also nicht nur, um ihrer Kundschaft mehr Routen und mehr Ziele zu bieten. Wer vor allem die Codesharings mit osteuropäischen und asiatischen Fluglinien unter die Lupe nimmt, der kommt sehr schnell zum Schluss: Mit gezielter Kooperation untereinander lassen sich auch relativ risikolos neue Märkte aufrollen.
Im Rahmen der Star Alliance kooperiert Lufthansa auch mit der japanischen Airline ANA
Bei einem Codesharing handelt es sich um einen gemeinsamen Flug in ein- und derselben Maschine, den sich zwei Airlines teilen. Der Flug ist jeweils mit zwei Flugnummern ausgeschrieben – gewöhnlich dem Iata-Code der Airlines sowie der Nummer des Flugs.

Wer mit wem Codesharing-Abkommen eingehen darf, ist in den jeweiligen Luftverkehrsabkommen zwischen der Bundesrepublik und den Partnerstaaten geregelt. „Im europäischen Luftverkehrsmarkt ist Codesharing grundsätzlich allen Luftfahrtunternehmen gestattet“, erklärt Hans-Henning Mühlke vom Luftfahrtbundesamt.
Qantas zählt zu den Pionieren des Codesharings
Dass Airlines sich einen Flug gemeinsam teilen, ist seit Langem gang und gäbe. Begonnen hat es Anfang der 90er-Jahre, als Qantas und American Airlines erstmals gemeinsam Flüge zwischen ihren Staaten durchführten und dabei unter ihren jeweiligen Flugnummern denselben Flug verkauft haben.

Die wenig später im Zuge der ersten Liberalisierung des Flugverkehrs entstandenen Flugallianzen wie Star Alliance, One World oder SkyTeam haben Codesharing zum Prinzip erhoben und ausgebaut.
Die große Konkurrenz zur Star Alliance heißt Oneworld
Codesharing ist eine Erfindung der Airlines, um unter erhöhtem Wettbewerbsdruck dem Kunden möglichst preiswert viele Strecken anbieten zu können. Die kooperierenden Fluggesellschaften können damit auf einen Schlag ihr Streckennetz erweitern und profitieren auch davon, dass nun die Code-Share-Flüge auch von der Partner-Airline vermarktet werden. Ein Beispiel: Lufthansa bedient weltweit täglich rund 2000 Flüge zu 200 Zielen. Mit ihren Code-Share-Partnern kommt sie jedoch auf 4000 Flüge pro Tag.

Codesharing kann sich auch lohnen, wenn eine Airline ausprobieren will, ob es genügend Interesse an einem neuen Ziel gibt. Statt selbst hinzufliegen, probiert man es erst einmal mit einer Airline, die dort bereits hinfliegt.

Aber auch Passagiere haben Vorteile. Vor allem bei nicht direkten Flügen. Wer von A nach C über B fliegen muss und das Pech hat, dass die bevorzugte Airline die Route nicht selbst fliegt, ist besser dran mit einem Code-Share-Flug. Vor allem die aufeinander abgestimmten Abflugzeiten und die durchgehende Gepäckbeförderung sparen Zeit. Man muss auf den Anschlussflug nicht lange warten und auch das Gepäck nicht noch einmal selbst einchecken – wie das der Fall wäre, wenn man von A nach B und von B nach C mit verschiedenen Airlines reisen würde.
Kooperierende Airlines sollten vergleichbare Sicherheitsstandards haben
Wenn Airlines wie die Lufthansa Codesharing mit anderen Fluglinien betreiben, dann sind die Leistungen nach den Worten von LH-Sprecherin Amelie Lorenz „angeglichen“. Vor allem bei der Sicherheit gibt es keinen Spielraum. Alle kooperierenden Fluggesellschaften müssen das von der Internationalen Flugtransport-Vereinigung (Iata) vorgeschriebene Sicherheits-Audit (Iosa: Iata Operational Safety Audit) bestehen. Aber das gilt nur für die Lufthansa und ihre Partner.

Wer zudem Mitglied einer Flugallianz ist, der hat lange Listen von Sicherheits- und Produktforderungen zu erfüllen. Das heißt aber nicht, dass alle miteinander zusammenarbeitenden Fluggesellschaften über einen Kamm geschoren werden. „Natürlich gibt es Unterschiede“, so Lorenz, „es sind ja verschiedene Airlines.“
Airlines informieren auf allen gedruckten Tickets, Bordkarten und Passagierquittungen über Code-Share-Flüge
Wer über die Webseite der Lufthansa bucht, der kann es sofort sehen: Strecken, die die Airline selbst fliegt, sind mit dem gelben Kranich-Logo gekennzeichnet. Flüge, die von Mitgliedern der Star Alliance bedient werden, sind mit dem entsprechenden Star-Alliance-Zeichen kenntlich gemacht. Routen, die von einer anderen Fluggesellschaft geflogen werden, sind ebenfalls deutlich mit deren Initialen markiert. Im gedruckten Flugplan sind Codesharing-Flüge ebenfalls deutlich ausgewiesen.

Bei Flügen, die im Reisebüro gebucht werden, sollten grundsätzlich die Mitarbeiter darüber informieren, ob es sich um einen Codesharing-Flug handelt. Selbst, wenn das Reisebüro diese Information vergisst mitzuteilen, in der ausgedruckten Passenger-Receipt steht immer noch einmal, von wem der Flug durchgeführt wird („Operated by …“). Und auf der Bordkarte steht ebenfalls, welche Airline fliegt.
Anzeigetafeln zeigen Code-Share-Flüge oft mit rotierenden Flugnummern
„Als Laie ist ein Code-Share-Flug nicht ohne Weiteres erkennbar“, sagt Hans-Henning Mühlke vom Luftfahrtbundesamt. Nachfragen bzw. ein gründlicher Blick in die Reiseunterlagen sind daher unerlässlich. In der Regel steht auf dem Ticket, der Passenger-Receipt (Passagierquittung) oder Bordkarte nur die Flugnummer der Airline, die den Flug gebucht hat. Das ist ja gerade das Prinzip des Codesharings – also, dass sich zwei Airlines eine Strecke mit zwei verschiedenen Flugnummern „teilen“.

Entgegen landläufiger Meinung sind hohe vierstellige Flugnummern kein sicheres Indiz, dass es sich um einen Codesharing-Flug handelt.

source: focus

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