Freitag, 20. Februar 2009

Rio de Janeiro Mittanzen im Samba-Epizentrum


Rio de Janeiro

Mittanzen im Samba-Epizentrum

Rios Karnevalsumzüge versetzen die Zuschauer in Rauschzustände. Noch aufregender ist es, Teil der Tanzparade zu sein.
Von FOCUS-Online-Autor Christian Haas
Reuters
Tänzerin in Rio
Vom Karneval im brasilianischen Rio de Janeiro träumen viele Männer (und einige Frauen), schwingen doch zahllose braungebrannte Schönheiten zu heißen Samba-Klängen stundenlang verführerisch ihre Hüften – und das in äußerst freizügigem Outfit. Bis zu 60 000, oft aufwendig kostümierte (und übrigens auch männliche) Teilnehmer ziehen unter frenetischem Jubeln der Massen durch die Straßen der Millionenstadt.

Meist dauert so ein Umzug die ganze Nacht und endet nicht selten erst in den frühen Vormittagsstunden. Zwölf Stunden nonstop Parade, zwölf Stunden nonstop laute Musik und Tanz bescheren allen Teilnehmern und Besuchern unvergessliche Momente. Kein Wunder, dass jährlich mehrere Hunderttausende Touristen aus der ganzen Welt nur deshalb nach Rio kommen, um die fünfte Jahreszeit einmal dort zu erleben.
Glanzvolle Höhepunkte der mehrtägigen Festivitäten bilden die Umzüge der Sambaschulen entlang der vier Kilometer langen Paradestraße. Ähnlich wie beim Fußball sind diese Schulen in vier Ligen aufgeteilt. Die analog zur Champions League agierende Spitzengruppe „Grupo Especial“ besteht heutzutage aus 14 Escolas. Jede dieser Escolas tritt mit 3000 bis 5000 Teilnehmern an, die aufgeteilt in 40 Gruppen mit 30 Festzugswagen jeweils genau 90 Minuten Zeit für ihre Parade bekommen und bei Zuschauern und Jury um den Titel der besten Schule des Jahres kämpfen.

Heiße Rhythmen am Zuckerhut

Ein Jahr Vorbereitung brauchen sie für den Auftritt, zu dem sie besondere Choreografien entwickeln. Politik, Geschichte, große Künstler von heute und damals oder Kritik an der Kommerzialisierung des Spektakels, darum geht es bei den Paraden, die in der 700 Meter langen Arena namens Sambódromo beginnen. Wenn dann am Aschermittwoch der Jahressieger feststeht, das heißt, im Moment des letzten Punktedurchgangs hochgerechnet werden kann, bricht nicht nur ganz Rio, sondern das ganze Land in einen Freudentaumel aus. Wie bei einer Fußballmeisterschaft krachen überall die Kanonenschläge eines Freuden-Feuerwerks. Übrigens: Die siegreiche Escola de Samba veranstaltet noch am selben Mittwochabend ein Freudenfest in ihrem „Barracão“, dem Sitz des Vereins, zu dem es Freibier gibt für jeden, der mitfeiern möchte. Und das sind viele.

Selbst ist der Karnevalist

Wer die Samba-Party selbst miterleben will, der ist zumindest bei den Umzügen der großen Sambaschulen gut beraten, sich rechtzeitig um Tickets zu bemühen. Die von etlichen Reiseveranstaltern angebotenen Eintrittskarten im mehr als 88 000 Zuschauer fassenden Sambódromo sind jedoch alles andere als ein Schnäppchen. Rund 300 Euro sollten für die Paraden am Karnevalssonntag bzw. -montag eingerechnet werden. Sitzplätze mit bestmöglicher Sichtfreiheit und bequemem Tisch für die Getränke kosten sogar deutlich mehr. Überdies sind die Tickets oft nur in Verbindung mit einer Hotelbuchung erhältlich.

Unkomplizierter und günstiger gestaltet es sich, sich in die feiernde Menge auf den Straßen zu stürzen. Um hinter einer der vielen „Bandas“ und „Blocos“ herzutanzen, den Musikgruppen, die sich während der Karnevalstage auf den Straßen drängen, sind weder Eintrittskarten noch Reservierungen vonnöten.

150 Euro für Kostüm und (vielleicht) viel Ehre

Die aufregendste Möglichkeit, die Umzüge hautnah zu verfolgen, ist es, als (zahlender) Gast mit einer der Sambaschulen an der Parade teilzunehmen. Ein Angebot, das erst seit einigen Jahren besteht – sind doch die einzelnen Sambaschulen traditionell mit Bewohnern ihres jeweiliges Viertels vertreten. Ein paar Plätze stehen dennoch Ortsfremden offen. Allerdings hat man sich strengen Regeln zu unterwerfen, etwa was Gewand und Choreografie der rund 75-minütigen Show anbelangt. Konkret: Für rund 150 Euro muss man sich das Kostüm von einer Schule kaufen beziehungsweise anfertigen lassen.

Automatisch erhält man damit das Recht, mit dieser Schule auf der Promenade an vorderster Front durch das Sambódromo zu marschieren. Wichtig zu wissen: Die Kostüme sollten rechtzeitig vor der Parade organisiert werden, die deutschsprachige Firma „Homes and More GmbH“ unterhält diesbezüglich Kontakte zu Imperio Serrano, Vila Isabel und Grande Rio. Nur am Paradetag zu erscheinen, wird nicht geduldet. Ein Minimum an Probeauftritten ist unbedingt zu absolvieren. Der anstrengende (Körper-)Einsatz kann sich auszahlen: Schafft es die eigene Sambaschule unter die ersten sechs – was am Aschermittwoch unter großer Anteilnahme im ganzen Land verkündet wird – darf am Folgesamstag nochmals an der Siegerparade teilgenommen werden. Ohne Aufpreis. Und unter anerkennenden Blicken, denn das ist in diesen Tagen ohnehin das höchste Gut: Ehre.
WEITERE INFORMATIONEN
Tourismusbüro Rio: www.rioconventionbureau.com.br

source: focus

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen